"Langweilig war es nie"
Herbert Weinland arbeitete über 40 Jahre bei der Gesellschaft für Straßenbahnen im Saartal AG.
Lebhaft erinnerte er sich an sein bewegtes Berufsleben und seine Augen leuchteten, wenn er von „seiner“ Straßenbahn sprach. Nach einer abgeschlossenen Bäckerlehre begann er am 1. Oktober 1950 bei der Gesellschaft für Straßenbahnen im Saartal AG, wo bereits sein Onkel als Straßenbahnfahrer beschäftigt war. Als er damals mit 20 Jahren eingestellt wurde, war er noch nicht volljährig und durfte deshalb in der ersten Zeit nur die Straßenbahnen in der Werkstatt waschen. Bis 1955 arbeitete er als Schaffner und wechselte dann in den Fahrdienst, damals als jüngster Fahrer. Eine Prüfung gab es zu der Zeit noch nicht. Die Fahrer erlaubten den Schaffnern hin und wieder auf ruhigen Strecken ein Stück zu fahren (zum Beispiel vom Straßenbahndepot bis zur Goldenen Bremm) und die Fahrprüfer ließen sich einfach nur zeigen, dass man in der Lage war, einen Wagen zu lenken, erinnerte sich Herbert Weinland.
Ein Blick in die Vergangenheit
Vieles von dem, was der rüstige Rentner erzählte, ist heute in Vergessenheit geraten. Die Bänke in den Straßenbahnen waren damals noch aus Holz und zu Beginn seiner Berufszeit mussten die Fahrer die Bahnen noch im Stehen lenken. Erst später kamen Drehstühle, die bei jedem Richtungswechsel von den Triebwagenführern mitgenommen werden mussten. Diese hatten mehr zu tun, als nur Knöpfe zu drücken. Gesteuert wurde mit links, die rechte Hand war fürs Gasgeben und fürs Bremsen zuständig. „Jeder Triebwagen war mit einem Fahrer und mit einem Schaffner besetzt. Gab es einen Beiwagen, hatte dieser noch einmal einen eigenen Schaffner.“, erklärte Herbert Weinland. „Die Züge waren damals proppenvoll und wir hatten Probleme, jedem Fahrgast eine Fahrkarte zu verkaufen“.
Die Schaffner hatten außerdem die Aufgabe, die Haltestellen anzusagen. Mit einem Augenzwinkern erwähnte der 87-Jährige die Haltestelle “St. Johanner Markt-Eisenhandlung Kautz“. Schon damals wusste man, wie Werbung funktionierte. Die Saarbrücker Geschäftsleute bezahlten Geld, damit ihr Geschäft bei der Haltestellenansage ergänzt wurde und überzeugten sich natürlich persönlich, ob die Schaffner ihrer Verpflichtung auch nachkamen. Verspätungen gab es ebenfalls, aber die Fahrgäste ließen sich nicht so schnell aus der Ruhe bringen und waren einfach froh, überhaupt fahren zu können, ergänzte Herbert Weinland.
Menschlicher ging es damals zu
Viele seiner Fahrgäste kannte er damals persönlich. Besonders die Verkäuferinnen aus der Bahnhofstraße hatten es dem jungen Mann angetan. Gerne erinnert er sich an einen Staatsanwalt, der in seiner Mittagspause immer mit der Straßenbahn nach Hause zum Schenkelberg fuhr und es sich nicht nehmen ließ, hin und wieder die Bahn selber zu lenken. „Heute undenkbar“ zwinkerte der Rentner. Wie das Schicksal es wollte, kam es bei einer Fahrt zum Unfall. In der Enge des St.Johanner Marktes stieß die Bahn mit einem „Cremeschnittchen“ zusammen. Doch bevor sich der Unfallgegner aufregen konnte, hatte der Staatsanwalt bereits alles geklärt. „Auf kleinem Dienstweg“, schmunzelte Herbert Weinland.
An ein anderes Missgeschick erinnerte sich der Rentner ebenfalls lebhaft. Beim Rangieren an der Kreuzung Bahnhofstraße/Dudweilerstraße entgleiste der Beiwagen und riss mit einem Ruck eine Ampel um. Die Ampel lag zwar auf der Seite, funktioniert aber noch. Kurz entschlossen richtete Weinland und sein Schaffner mit Hilfe einiger Fahrgäste die Ampel wieder auf und fuhr weiter. Erst einige Tag später wurden sie von dem Fahrdienstleiter zur Rede gestellt und ermahnt. Allerdings ohne weitere Folgen für die „Ertappten“.
Konkurrenz durch Bus und Auto
Die immer stärkere Nutzung des Autos war unter anderem ein Grund für das Ende der Straßenbahn: amm 22. Mai 1965 fuhr sie zum letzten Mal in Saarbrücken. Der weitere Einsatz der Bahn hätte erhebliche Investitionen in Oberleitungen und Schienennetz erfordert, das Fahrgastaufkommen wurde jedoch immer geringer. Recht früh wurden bereits auf Überlandlinien die flexibleren und kostengünstigeren Busse eingesetzt. Und so war Herbert Weinland von 1960 bis 1984 als Busfahrer unterwegs.
Viele interessante Geschichten gibt es auch aus dieser Zeit zu berichten. Er engagierte sich gewerkschaftlich, spielte bei der Sportkameradschaft Fußball, war im Betriebsrat der Saartal-Linien und im Aufsichtsrat tätig. Besonders stolz war er darauf, dass er es erreichte, für die Busfahrer an Endhaltestellen Toiletten mit Waschmöglichkeiten zu schaffen. In der Zeit der Tarifumstellung in den 80er-Jahren war er als Fahrgastberater tätig und besuchte alle Altenheime in Saarbrücken, um den Senioren die neuen Tarife zu erklären. Auch bei der Jugend war er sehr beliebt. Zum Schulstart half er allen neuen Schulanfänger dabei, in den richtigen Bus zu steigen und sicher ans Ziel zu kommen. Herbert Weinland war mit Leib und Seele Bus-und Bahnfahrer und erinnerte sich gerne an diese Zeit zurück.
Zur Person:
Herbert Weinland wurde 1930 geboren. Er arbeitete 40 Jahre als Straßenbahn-und Busfahrer bei der Gesellschaft für Straßenbahnen im Saartal AG.